Stadtrundgang durch Altstadt Tiengen

Ob ein Spaziergang durch die Altstadt von Tiengen, der Besuch des wiederbelebten Ali-Theaters oder die Teilnahme an einem der Feste und Veranstaltungen; wer sich umschaut, findet reichlich schöne Anlässe, um in Tiengens historischer Altstadt ein paar schöne Stunden zu verbringen.

Bei einem Stadtrundgang durch Tiengen erzählt der ehemalige Bundestagsabgeordnete Werner Dörflinger, was Tiengen für ihn so sehens- und liebenswert macht und welche Erinnerungen er mit seinem Geburtsort verbindet.

Rundgang mit Erzählungen Werner Dörflingers

Auf der Frage nach einem Gebäude, das sich Besucher in der Altstadt von Tiengen ansehen sollten, muss der 70-Jährige nur kurz überlegen: »Das Haus Schnitzer in der Zubergasse, weil es viel über Tiengens Beziehung zur Schweiz aussagt – auch wenn es kriegerisch dargestellt ist.« Vor Ort zeigt ein Graffito, wie die mittelalterliche Stadt im Jahr 1499 von den Eidgenossen eingenommen und zerstört wird. Unter dem Bild sind die Wappen der früher feindlich gesinnten Kantone zu sehen und informiert eine Inschrift über die Geschehnisse.

Wandel der Beziehungen zur Schweiz

Nach diesen düsteren Ereignissen haben sich im Lauf der Jahrhunderte viele freundschaftliche Beziehungen zwischen den Tiengenern und Schweizer Nachbarn entwickelt. Werner Dörflinger: »Die Schweizer sind längst Inhalt des öffentlichen Lebens in Tiengen. Sie kaufen bei uns ein, sind in den Vereinen aktiv und bereichern das kulturelle Leben in der Stadt.« Diesen regen Austausch sieht er als Grundlage für den Tiengener Schwyzertag. Er geht auf eine für die Stadtbevölkerung glimpflich ausgegangene Auseinandersetzung im Jahr 1415 zurück.

Werner Dörflinger selbst hat die Schweizer als junger Bub kennen- und schätzen gelernt: »In der Nachkriegszeit haben sie uns hungernden Tiengenern Kindern viel Gutes getan.« Auch an die alte Ölmüllerin, die den Kindern das sogenannte Ölebrot aus den Resten der ausgepressten Nüsse und Mohnsamen zugesteckt hat, erinnert er sich gerne zurück: »Das war für uns ein Stück weit Nahrung. Nur ist uns von dem einem schlecht geworden, weil das Nussbrot immer noch sehr fettig war, und von dem anderen waren wir bedudelt, ohne dass wir wussten, warum.« Nachdem die mittelalterliche Ölmühle von Tiengen zwischenzeitlich halb verfallen war, kann die in ihrer Art einzigartige Mühle heute wieder besichtigt werden.

Bau der Fußgängerzone

Galt Tiengen Mitte des letzten Jahrhunderts mit der Molkerei, der Obstbaugenossenschaft und der landwirtschaftlichen Hochschule als Zentrum des ländlichen Raums, hat es sich mit Beginn der 80er Jahre stark gewandelt. Als sichtbarste Zeichen nennt Dörflinger die Einrichtung der Fußgängerzone und den Bau des Südrings, über dem der Verkehr um die Altstadt herum geleitet wird.
Auch wenn die Pläne zunächst umstritten waren, hat sich die Umsetzung für die Tiengener ausbezahlt. Dörflinger: »Den Südring zu bauen, war richtig, weil die Lösung des Verkehrsproblems für sehr viele private Initiativen ausschlaggebend war. Die Innenstadt hat dadurch enorme Impulse bekommen – die ich mir vorher nicht hätte träumen lassen.« Beispiele hierfür sind das Enderlehaus und der Seidenhof in der oberen Hauptstraße, die als attraktive Geschäftshäuser erst durch die neue Verkehrsführung möglich wurden.

Innenstadtsanierung und Aktionsgemeinschaft

Im Zuge der Innenstadtsanierung haben sich Bürger und Geschäftsleute zur Aktionsgemeinschaft Tiengen zusammengeschlossen, auf welche die Hoorige Messe, der Tiengener Jazzsommer und das Erntefest in seiner jetzigen Form zurückgehen. »Wir haben heute in der Aktionsgemeinschaft mit Kurt Reckermann und Christa Bader unwahrscheinlich engagierte Menschen, die neben dem eigenen Betrieb das große Ganze sehen«, erklärt der 70-Jährige und betont: »Was die Aktionsgemeinschaft, die Vereine und Privatinitiatoren alles auf die Beine stellen, ist für einen Ort von der Größe ungewöhnlich – und es ist nicht nur die Anzahl an Angeboten, sondern auch die Qualität.«

Tiengen im Wandel der Zeit

Das wohl beste Beispiel einer privaten Initiative ist das Ali-Theater. Nachdem der Kinobetrieb eingestellt wurde, hatte sich eine handvoll Leute zusammengetan, um dem alten Gebäude neues Leben einzuhauchen. Was mit bescheidenen Mitteln hinter einer schmucklosen, teils rissigen Fassade begann, hat sich durch unzählige Stunden ehrenamtlicher Arbeit und die Unterstützung durch mehrere Handwerksbetriebe und der Stadt Waldshut-Tiengen zu einem tollen Veranstaltungsort für Theaterstücke, Konzerte und Kabarett gemausert.

Nachdem dieses Jahr die Fassade des Ali-Theaters von Grund auf saniert wurde, hofft Werner Dörflinger, dass sich dies auch positiv auf die Zukunft des benachbarten Marktplatz' auswirkt: »Die Nutzung vom Marktplatz ist noch eine der offenen Fragen in der Innenstadt. So wie er sich bisher zeigt, ist er weit unter wert geschlagen.« Als mögliche Aufwertung sieht Dörflinger den Austausch der alten Asphaltdecke gegen ein attraktive Natursteinpflasterung.

Weiter oben in der Stadt, auf dem Kirchplatz zwischen Schloss, Schlossgarten und der Stadtpfarrkirche, werden Erinnerungen aus der Kindheit wach. Dörflinger: »Hier haben wir früher Fußball gespielt – auch zum Leidwesen des Pfarrers. Aber er hat es geduldet, weil er uns als Ministranten gebraucht hat.« Die barocke Kirche des Baumeisters Peter Thumb ist für ihn eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten Tiengens, aber auch ein Ort der Inspiration.

Galt Tiengen Mitte des letzten Jahrhunderts mit der Molkerei, der Obstbaugenossenschaft und der landwirtschaftlichen Hochschule als Zentrum des ländlichen Raums, hat es sich mit Beginn der 80er Jahre stark gewandelt. Als sichtbarste Zeichen nennt Dörflinger die Einrichtung der Fußgängerzone und den Bau des Südrings, über dem der Verkehr um die Altstadt herum geleitet wird.

Gleich daneben findet sich mit der Stadtmühle der Familie ein weiteres Zeugnis Tiengener Geschichte und Freundlichkeit. Waren die Kinder aus der Nachbarschaft in der Mühle früher immer gerne gesehen, nimmt Müller Thomas Hilpert regelmäßig am Ferienprogramm FEZ der Stadt Waldshut-Tiengen teil.

Als weitere, wichtige Bausteine des öffentlichen und kulturellen Lebens sieht Dörflinger die Musikschule Südschwarzwald und das Klettgau-Gymnasium. Zusammen mit dem Kirchenchor und dem Verein KoMit (Kooperation Musik in Tiengen) haben sie die Aufführung von Carmina Borana und vom »Sommernachtstraum« ermöglicht.

Werner Dörflinger: »Wenn ich mich so stark dafür einsetze, dass das Ehrenamt gefördert und auch belohnt wird, dann liegt das auch an Tiengen, das ein hervorragendes Beispiel für gelungenes Engagement ist. Es ist die Kombination aus eben diesem Engagement nach Innen und der Weltoffenheit nach Außen, die Tiengen zu dem machen, was es heute ist.«

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