Wilde Stromschnellen, steil aufragende Gneise und Granitfelsen prägen die Wutachschlucht. Das harte Gestein steht im Kontrast zum weichen Keuper und Muschelkalk am Grund des Flusses. Begleitet wird dieser von eindrucksvollen Hochstaudenfluren. Darüber schließlich bildet ein saftig grüner Laub- und Mischwald ein natürliches Dach. So präsentiert sich die Wutach dem Wanderer zwischen der Schattenmühle und der Wutachmühle.
Dieser Abschnitt ist mit einem der beliebtesten Wanderwege im Naturpark Südschwarzwald erschlossen. Zugleich entstand hier die Idee zum Schluchtensteig. Die zweite Etappe des Fernwanderwegs führt von Blumberg über Achdorf zur Wutachmühle und weiter durch die Schlucht bis zum Etappenziel bei der Schattenmühle.
Die Zeiten, in denen die Wanderung durch die Wutachschlucht zwangsläufig mit dreckigen Hosen und Hemden einherging, sind damit vorüber. Längst sind die Passagen, in denen man früher nur mühsam oder mit gegenseitiger Hilfe vorankam, entschärft. Robuste Stege und Brücken sowie mit Drahtseilen gesicherte Passagen machen die Wanderung alltagstauglich. Auf die leichte Schulter sollte man die Schlucht dennoch nicht nehmen. Insbesondere nach längeren Nässeperioden kann ein Hangrutsch das Vorankommen erschweren. Griffiges Schuhwerk ist also auch heute noch ein Muss. Dann aber erleben wir hier zwischen Mai und September ein unvergesslich schönes Naturerlebnis. So wundert es auch nicht, dass die Wutachschlucht das Herzstück vom Schluchtensteig bildet.
Die zweite Etappe des Schluchstensteigs startet bei der evangelischen Kirche in Blumberg. Viele Wanderer steigen allerdings erst bei der Wutachmühle in diese Etappe ein. Damit sparen sie sich die ersten 7,5 Kilometer. Alle anderen spazieren das kurze Stück von der Kirche vor zur Hauptstraße von Blumberg und folgen dem Schluchtensteig links in die Schlucht des Schleifenbachs und an die Schleifenbach-Wasserfälle. Kaum zu glauben: wo der Bach heute munter ins Tal plätschert, befand sich einst die Feldberg-Donau. Sie entsprang in der Eiszeit am Fuße des Seebachgletschers. Die Wutach hatte ihr Quellgebiet damals weiter südlich, schaffte es aber durch eine rasch rückschreitende Erosion, der Donau das Wasser abzugraben und zum Rhein umzulenken.
Nach zweieinhalb Kilometern treffen wir kurz vor Achdorf auf die Wutach. Nachdem wir das Dorf durchquert haben, wechseln wir im Ortsteil Aselfingen auf die andere Seite des Flusses. Dort treffen wir auf den europäischen Fernwanderweg E1 und den Querweg vom Bodensee nach Freiburg. Beide verlaufen ebenfalls durch die Wutachschlucht. Auf dem nächsten Abschnitt bis zur Wutachmühle durchströmt die Wutach ein weites Tal ohne Schluchtcharakter. Im Bereich der Wutachmühle, einer ehemaligen Gipsmühle, lädt ein Kiosk zur ersten Rast ein. Gleich danach queren wir die Landstraße und wechseln damit die Seite der Wutach.
Der Zugang zur Wutachschlucht führt über das Gelände des Sägewerks. Wir stutzen kurz. Doch die Beschilderung des Schluchtensteigs und die Spuren anderer Wanderer stellen klar: hier geht es tatsächlich hindurch. Und das im Sommer am besten recht flink. Denn auf dem Holzplatz laufen bei trockener Witterung regelmäßig Wassersprinkler. Wenige Schritte weiter erreichen wir auf dem Bülertälerweg die Schlucht. Allmählich ebbt der Straßenlärm hinter uns ab und macht dem Plätschern des Wassers und dem Gesang der Vögel Platz. Wer denkt, an einem Fluss ginge es nur stetig leicht bergauf, wird bald eines Besseren belehrt. Denn kaum haben wir Wald erreicht, müssen wir eine kleine Anhöhe überwinden. Danach sind es noch zehn Minuten, bis wir den Kanadiersteg und die Gauchachmündung passieren.
Gleich nach der Mündung der Gauchach kommen wir in die richtige Schlucht und ragen die Felsen zu unserer Linken steil in den Himmel. Obwohl es vor unserer eigenen Tour tagelang nicht mehr geregnet hat, ist der Boden an einigen Stellen leicht schmierig. An den Engstellen sichern am Fels befestigte Drahtseile den Weg. Mit ihrer Hilfe lassen sich diese Stellen meist mühelos meistern.
Eine gute halbe Stunde nach der Gauchachmündung erreichen wir den Felsaustritt der Wutach. Hier handelt es sich um Wasser, welches bei der Wutachversickerung in den karstigen Untergrund gelangte. Durch das angrenzende Granitgestein kann dieses allerdings nicht zum Rhein abfließen. Als Folge sucht sich das Wasser durch Röhren und Höhlen seinen Weg, muss dann aber ins Bachbett der Wutach zurückkehren. Vor Ort sind diese Stellen als reich schüttende Quellspalten leicht zu erkennen.
Zwischen dem Austritt der Wutach und dem Rümmelesteg hoffen wir, einen trocken gefallenen Bereich der Wutach zu finden. Tatsächlich treten in diesem Bereich mehrere Kiesbänke an die Oberfläche. Das im Fluss verbliebene Restwasser schmiegt sich hier eng an das gegenüberliegende Felsmassiv. Für einen zumindest oberflächlich trockenen Abschnitt hat es in den vorhergehenden Wochen zu viel geregnet. Wohl aber ist es uns möglich, auf den Kiesbänken zu spazieren. Auch lädt der Abschnitt zu einer Rast ein. Zuletzt wirkt das leise Plätschern des Wassers angenehm beruhigend, sodass man hier gerne verweilt.
Oberhalb des Rümmelestegs weitet sich die Wutachschlucht. Wir kommen in einen Bereich, der von breiten Feucht- und Frischwiesen sowie Hochstaudenfluren charakterisiert wird. An vielen Stellen bildet die Pestwurz dichte Bestände, die kaum eine andere Pflanze ans Licht lassen.
Aber auch Nelken-Wurz, die Türkenbundlilie, Blasen- und Streifenfarne sowie das heimische Silberblatt sind in der Schlucht zu finden. Für Wanderer, die sich gerne mit der Botanik befassen, lohnt sich die Mitnahme eines Bestimmungsbuchs. Tatsächlich haben die Pflanzenkundler in der Schlucht rund 2.800 Pflanzenarten entdeckt.
Danach verlässt der Wanderweg den Fluss und steigt nach der Schurhammerhütte hoch in die Felsen. Diese Passage ist etwas schwieriger zu begehen. Der Ausblick von oben über das Flussbett aber lohnt sich allemal. Wie auch der Blick nach oben zu den Felsen, die durch ihren Bewuchs mit Flechten und Moosen in verschiedenen Farben erstrahlen.
Wieder unten am Flussufer, führt der Wanderweg in den ehemaligen englischen Kurort Bad Boll. Das mag einen zwar etwas wundern. Aber angelockt vom Forellenreichtum, waren tatsächlich die Briten die ersten fremden Besucher in der Wutachschlucht. Mehr noch, von der Landschaft waren sie derart überwältigt, dass der Londoner »Fishing Club« das Kurbad im Jahr 1894 übernommen hatte. Die Engländer waren es auch, die weite Teile der Schlucht durch Holzstege und schmale Pfade durch die Felsen für Naturliebhaber erschlossen haben.
Die Spannungen vor dem Ersten Weltkrieg waren es schließlich, die die englischen Fliegenfischer fern hielt und damit den allmählichen Niedergang des Kurbads besiegelte. Von 1918 bis 1960 betrieb eine Krankenkasse das Bad. Danach wechselten die Gebäude zur Deutschen Gesellschaft für Kaufmanns-Erholungsheime. Zuletzt diente Bad Boll bis 1977 als Klinik und später als Stützpunkt für Wanderer. 1975 brannte das Hauptgebäude nieder, bevor weitere Gebäude abgetragen wurden.
So sind heute nur noch ein paar wenige Steine von Bad Boll sowie eine mittlerweile halb verfallene Kapelle übrig geblieben. Bei unserem Besuch war diese von den Sträuchern und Bäumen zum Teil überwuchert. Eine Spendensammlung soll jedoch zum Erhalt der Kapelle beitragen. Ein Rastplatz ist damit alles, was dem müden Wanderer, 8,5 km nach Aufbruch bei der Wutachmühle, für eine Verschnaufpause bleibt. Dafür aber befinden wir uns hier heute inmitten einer reich blühenden Wiese mit Butterblumen und Wiesen-Storchschnabel.
Ein paar Meter weiter führt ein Pfad hinauf zur 600 Meter entfernten Ruine Boll. Leider ist das letzte Stück wegen der Gefahr herabfallender Steine gesperrt. Trösten wir uns damit, dass von der Burg außer einer dicken Mauer mit mehreren Löchern kaum etwas erhalten ist. Außerdem kann, wer nicht mehr bis zur Schattenmühle wandern möchte, von hier ins 1,2 Kilometer entfernte Boll wandern. In dem Dorf gibt es eine Haltestelle des Wanderbusses.
Zurück von den spärlichen Überresten der Burg (abwärts sind die 600 Meter ein Klacks) sind es noch vier Kilometer bis zur Schattenmühle. Dieser Abschnitt stellt an sich nur geringe Anforderungen. Allerdings machen sich die mittlerweile rund zehn Kilometer, die uns in den Beinen stecken, zunehmend bemerkbar. Nachdem wir die Wutach über eine Brücke queren, entfernt sich der Wanderweg ein wenig von dem Fluss.
Wieder geht es bergauf. Diesmal hinauf zu ein paar unterhöhlten Felsen, die mit Moos komplett überwachsen sind. Ein Wasserspeicher, der seinesgleichen sucht. Denn oberhalb saugt das Moos einen kleinen Bach förmlich auf, um das überschüssige Wasser anschließend in einer Art Dusche wieder freizugeben. Diese Moosdusche ist nicht nur für uns eine willkommene Erfrischung.
Danach wandern wir über schmalere, teils von kleinen Bächen überspülte Pfade zu den Ruinen von Ober-Dietfurt. Dort standen einst das Gasthaus zur Krone, eine Säge- und Gipsmühle sowie eine hochgestellte Brücke. Letztere war bis 1873 die einzige Fahrverbindung über die Wutach zwischen dem Bonndorfer und Löffinger Gebiet. Die Brücke zerfiel, nachdem die Brücken bei der Schattenmühle und der Wutachmühle errichtet wurden.
Endlich erreichen wir die Schattenmühle. Mit riesigen Buchstaben auf dem Dach stellt sie klar, dass es auch im Internet vertreten ist. Uns aber zieht es zurück zum Wanderparkplatz auf der anderen Seite der B31, wo unser Auto geduldig wartet. Hier spätestens zahlt es sich aus, den Sonnenstand schon am Morgen richtig eingeschätzt zu haben. Was uns betrifft, so stand unser Wagen bei der Rückkehr bereits geraume Zeit in der prallen Sonne.
Eindrücke unserer Wanderungen und Ausflüge im Schwarzwald.
Die Anfahrt erfolgt über die B 315 Bonndorf - Lenzkirch bis zum Abzweig nach Löffingen. Dann weiter über die L 170 bis zum Wanderparkplatz gegenüber der Schattenmühle.
Die Anfahrt zur Wutachmühle erfolgt ab Bonndorf über die L 171 Richtung Donaueschingen bzw. über die B 31 bis Hüfingen und weiter über die L 171 bis zum Wanderparkplatz direkt an der Landstraße.
Ausgangspunkt | Wanderparkplatz bei der Schattenmühle (1) oder bei der Wutachmühle (2) |
Koordinaten 1 | N 47.8426, E 8.3192 |
Koordinaten 2 | N 47.8487, E 8.4510 |
Gehzeit | 4 bis 5 Stunden |
Distanz | 13,5 km |
An-/Abstiege | ca. 400/205 HM |
Anforderungen | Gegenüber früher sind die technisch schwersten Passagen in der Wutachschlucht alle entschärft. Bei Nässe ist dennoch mit glitschigen Passagen zu rechnen. Wenn Gewitter gemeldet sind, sollte man die Schlucht meiden. |
Einkehr | Wutachmühle, Schattenmühle, unterwegs keine |
GPS-Daten | Wanderung Wutachschlucht gpx |
KML-Daten | Wanderung Wutachschlucht kml |