Die Wutachflühen sind ein schluchtartiger Einschnitt der Wutach zwischen Achdorf und der Wutachbrücke der Sauschwänzlebahn. Der Canyon ist weniger bekannt als die flussaufwärts gelegene Wutachschlucht. Die steil in die Höhe ragenden Muschelkalkwände sind aber ebenso beeindruckend.
Durch den Hangdruck ist auf den Pfaden bei nasser Witterung ein erhöhtes Maß an Vorsicht erforderlich. Dann aber können wir uns auf ein herrliches Naturerlebnis freuen. Die Wandersaison beginnt in den Wutachflühen mit der Blüte der Märzenbecher und endet mit der Herbstfärbung des Schluchtwaldes. Im Winter sollte man die Wutachflühen aus Sicherheitsgründen meiden.
Für die Wanderung zu den Wutachflühen fahren wir zum Parkplatz nahe dem Bahnhof Lausheim-Blumegg. Wobei Parkplatz etwas zu viel verspricht. Denn rechts der Straße von Grimmelshofen nach Lausheim ist zwar genug Platz, jedoch Halteverbot, da Wendefläche für Lkws.
Direkt beim Bahnhof der Museumsbahn finden wir ebenfalls keine Stellfläche. Einzig nahe dem Gasthaus Wutachschlucht gibt es so etwas ähnliches wie ein Wanderparkplatz. Dann aber freuen wir uns auf eine schöne Wanderung mit Märzenbecher und anderen Frühlingsboten.
Jenseits der Straßenseite und Bahngleise führt der Wanderweg entlang der Wutach über einen Teil des Eisenbahnlehrpfads der Sauschwänzlebahn. Wer sich für die Geschichte und Besonderheiten der Sauschwänzlebahn interessiert, empfehlen wir, an einer geführten Wanderung teilzunehmen.
Denn abgesehen von den Wegweisern finden wir auf dem Weg bis zur Wutachbrücke keine Informationen darüber. Und das, obwohl die Sauschwänzlebahn früher als strategisch bedeutsam galt und bis heute eine besondere Bahnlinie geblieben ist.
Erst, nachdem wir die Wutach überquert haben, kommen wir zu einer großen Tafel, welche uns ausführlich über die 107,5 Meter lange und 28 Meter hohe Wutachbrücke informiert. Es ist die vierte große Brücke der Sauschwänzlebahn, welche den Bauingenieuren damals große Sorgen bereitete. Denn das Gebiet rund um der Wutach ist geologisch alles andere als stabil. Wobei die Überquerung der Wutach hier noch einfacher war als weiter oben bei Achdorf, wo die Wutachtalbahn ursprünglich geplant war.
Nach einem kurzen Abstecher auf die Eisenbahnbrücke der Sauschwänzlebahn fällt mir dann auch das Schild auf, welches verbietet, den Bahnkörper zu überschreiten. Aber wie heißt es schön? Wer liest, ist im Vorteil. Wer nicht liest, bekommt dafür die schöneren Bilder (-:
Ab der Brücke folgen wir dem breiten Wanderweg, passieren eine Infotafel mit Daten zur Brücke und Fakten zur nie gebauten Wutachtalbahn und erreichen ein paar Schritte weiter den Wegweiser Bei der Eisenbahnbrücke.
Ab dem Wegweiser sind mehrere Wandermöglichkeiten ausgeschildert, von denen drei nach Achdorf führen. Wer mit Kindern oder an einem eher nassen Tag unterwegs ist, empfehlen wir die Variante auf dem Unteren Flühenweg. Dieser führt auf ungefährlichen Wegen zu einer Stelle der Wutach, bei der wir zu beiden Seiten freie Sicht über das Wasser haben. Wir jedoch wählen die Variante über den Ostweg und folgen damit der schwarzroten Raute bergauf in den Wald.
Der schmale und an vielen Stellen abschüssige Pfad zu der geologischen Besonderheit führt stetig bergauf. Bald sehen wir rechts von uns die ersten Felswände in die Höhe ragen. Im Gegensatz zur Wutachschlucht befinden sich die Flühen etwas abseits der beliebten Wanderrouten, sodass es hier eher ruhig zugeht. Und doch bilden sie mit drei Kilometer Länge und einer Höhe bis 85 Meter den größten natürlichen Aufschluss des Muschelkalks in Südwestdeutschland.
Die schönste Zeit für diese Variante ist der zeitige Frühling zur Märzenbecherblüte. Das ist in etwa dann, wenn daheim im Garten die Schneeglöckchen schon wieder am verblühen sind. So entdecken wir zwischen der Wutachbrücke und dem Lunzifelsen eine reichen Bestand Märzenbecher, der den Waldboden in ein Blütenmeer verwandelt. Die Leberblümchen, Veilchen und die Weiße Pestwurz sind weitere Vorboten des Frühlings. Daneben entdecken wir aber auch den unscheinbaren Orangeroten Becherling.
Auf dem Ostweg kommen wir an mehreren Zeugenfelsen vorbei. Der größte und bekannteste ist der Lunzifelsen, der wie ein Eckpfeiler vor der Wand steht, aber noch mit ihr verbunden ist. Wer nach dem Wegweiser Bei der Muttergottes nach rechts auf den Schluchtensteig abzweigt, kommt an die obere Kante der Wutachflühen.
An zwei Stellen hat man dort eine spektakuläre Aussicht in den Canyon. Der Ostweg bietet zwar keine solche Aussicht, ist als Weg aber schöner, da er direkt entlang der steil aufragenden Flühenwand verläuft. Hier bilden der »Kleine Finger« und der »Daumen« zwei weitere benannte Zeugenfelsen. Im Gegensatz zum Lunzifelsen stehen sie isoliert vor der Wand.
Dort, wo der Ostweg in eine wenig befahrene Kreisstraße mündet, treffen wir wieder auf den Schluchtensteig. Wer nicht schon einen Abstecher an den oberen Rand der Flühen unternommen hat, kann hier rechts abbiegen und etwa 200 Meter über die Straße bis zum Wanderparkplatz zurücklaufen. Von dem Parkplatz sind es nur ein paar Schritte durch den Wald bis zur Kante. Alle anderen biegen links ab, passieren ein Stück weiter das andere Ende des Unteren Flühenwegs und wandern durch die abwechslungsreiche Wald- und Wiesenlandschaft nach Achdorf.
Bei der im Vergleich zum Ostweg ungefährlichen Variante über den Unteren Flühenweg folgen wir ab dem Wegweiser Bei der Wutachbrücke der gelben Raute Richtung Wutachmühle und Achdorf. Damit verlassen wir sowohl den Eisenbahnlehrpfad, den Ostweg und Schluchtensteig und wählen einen schmalen Nebenwanderweg links in den Wald. Diese Variante sind wir ein paar Wochen später im Jahr gewandert.
Auf dem nächsten Wegstück, dem Unteren Flühenweg, zeigt sich, dass wir mit Anfang Frühling auch für diese Variante eine sehr schöne Zeit für die Wanderung gewählt haben. Während über uns die Laubbäume ausschlagen, stehen auf dem Waldboden viele Kräuter in Blüte, um mit dem Wiesenschaumkraut, Veilchen und der Frühlingsplatterbse nur ein paar Beispiele zu nennen. Auch ein Knabenkraut entdecken wir, welches wir jedoch nicht näher zu bestimmen wissen.
Die meiste Zeit über verläuft der Untere Flühenweg soweit oberhalb vom Fluss, dass sich uns nur kurze Abschnitte durch die Lücken im Wald zeigen. Schließlich senkt sich der Weg jedoch an einer besonders schönen Stelle bis ans Ufer hinab, von wo wir die Wutach in beide Richtungen gut überblicken können. Es ist eine malerische Kulisse, bei der ich es nicht lassen kann, einen abgeflachten Stein ein, zwei Zentimeter an Annettes Bein vorbei in die Wutach zu werfen. Leider schaut sie mich tadelnd an. Dadurch verpasst sie, wie der Stein fünf, sechs, sieben Mal von der Wasseroberfläche wieder in die Luft fliegt, um schließlich nahe dem anderen Ufer zu versinken.
Gut zehn Minuten nach meinem perfekten Wurf (dem nur ein Zeuge fehlte), mündet der Untere Flühenweg in den Wutachtalweg. Er ist Teil des schwarzrot markierten Ostwegs und führt nach links Richtung Achdorf auf offenes Terrain mit blühenden Apfelbäumen und Schlehenhecken. Der Wutachtalweg wird daher in diesem Bereich auch scherzhaft als Wellblechweg bezeichnet. Eine passende Umschreibung, denn bis Achdorf geht es ständig leicht bergauf und wieder bergab. Wer mit dem Rad unterwegs ist, kann hier ganz bequem einige Höhenmeter sammeln, da man oft nur ein-, zweimal in die Pedale treten muss, um die kleinen Senken zu durchfahren.
Kurz bevor wir Achdorf erreichen, lädt beim Wegweiser Achdorf-Kalenäcker (540 m) eine Bank für eine erste Verschnaufpause ein. Wer will, kann von hier aus einen Abstecher zu den etwa ein Kilometer entfernten Schleifenbachfällen unternehmen. Sie befinden sich am Schluchtensteig, der hier von rechts kommend auf den Wutachtalweg trifft. Der Zugang zu den Wasserfällen erfordert ebenfalls Trittsicherheit.
Wir verzichten auf die zusätzliche Runde und spazieren die letzten Meter nach Achdorf. Es ist ein beschaulicher Ort mit landschaftstypischen Höfen und Gebäuden sowie alten Obstbäumen mitten im Dorf. Schade nur, dass wir auf dem Weg dorthin entlang der schnell befahrenen Kreisstraße K5747 laufen müssen, die obendrein auch noch mit zig Plakaten verschandelt ist.
In Achdorf überqueren wir ein zweites Mal die Wutach und halten uns danach rechts Richtung Überachen. Bald kommen wir zu einem Wanderparkplatz, bei dem große Tafeln über die kürzeren Wandermöglichkeiten in der Gemeinde Blumberg informieren. Andere, kleine Tafeln geben uns Anlass zum Schmunzeln. Es sind Gedichte von Joachim Ringelnatz, die jemand entlang des Wegs angebracht hat.
Wir passieren den Parkplatz und biegen ein paar hundert Meter weiter nach links ab. Anstelle des Schluchtensteigs begleitet uns auf diesem Abschnitt der Wanderung der Jakobsweg von Konstanz nach Santiago de Compostela. Er ist an der Markierung der gelben Jakobsmuschel mit gelbem Pfeil auf blauem Grund gut zu erkennen.
Bei einer Bank mit schöner Aussicht zur Mittelgebirgskette vom Hohen Randen im Süden über den Buchberg, Eichberg und Berchen bis zum Rillibuck im Norden. Bei soviel Aussicht und einer Bank an der rechten Stelle erübrigt sich jede Diskussion um die zweite Rast - zumal wir ab Achdorf einige Meter bergauf gewandert sind.
Während der Jakobsweg bei der genannten Bank rechts abbiegt, bleiben wir auf dem asphaltierten Weg und laufen noch ein Stück weiter bergauf bis zu einen Ausbuchtung, wo ein gut versteckter Nebenwanderweg links abbiegt. Tatsächlich müssen wir erst einen verwilderten Abhang hinauf laufen und noch ein paar Schritte weit gehen, eh wir die nächste gelbe Raute finden. Auch danach ist der Pfad eine Überraschung. Denn nachdem wir eine ruhige Lichtung passiert haben, führt er auf einmal bergab mitten durch eine Bärlauch-Flur. Stellenweise stehen die Blätter so dicht, dass der Pfad kaum mehr zu erkennen ist und lediglich Spuren anderer Wanderer zeigen, wo es lang geht.
Nachdem wir einen Tobel überquert haben, geht es wieder bergauf aus dem Waldstück hinaus auf das offene Hochland von Blumegg. Wegmarkierungen finden wir hier keine mehr. Die braucht es auch nicht unbedingt, da man sich nur links halten muss. Irgendwie führen die Wirtschaftswege in südwestlicher Richtung alle nach Blumegg. Das Gefühl sollte einem zumindest bald sagen, wenn man ganz falsch ist.
Vier Stunden nach unserem Aufbruch beim Bahnhof der Museumsbahn erreichen wir Blumegg. Es ist eine Herde Ziegen, die uns begrüßt und neugierig näher kommt. Als sie merken, dass wir für sie nichts dabei haben, wenden sie sich wieder dem saftigen Gras ihrer Koppel zu - oder, wie ein junges Lamm, springen und tollen aufgeregt über das Gras hinweg.
Wie Achdorf ist auch Blumegg ein beschauliches Dorf. In der Mitte des Orts stand wahrscheinlich die Burg Blumegg, die Mitte des 15. Jahrhunderts zu gleichen Teilen an die Klöster St. Blasien und Reichenau verkauft wurde, eh sie ganz in den Besitz von St. Blasien überging. 1820 zerstörte ein Feuer 25 Häuser von Blumegg. Neben der Kirche, die zusammen mit sechs weiteren Gebäuden von den Flammen verschont blieb, lädt heute das Restaurant Hirschen zum Verweilen ein.
Von der Kirche aus folgen wir den Wegweisern zur Eisenbahnbrücke. Nachdem wir ein Gatter mit Puten passiert haben, kommen wir zurück ins Naturschutzgebiet Wutachflühen. Auf dem Weg hinab zur Wutach kommen wir an den Resten der Ruine Blumegg sowie an Zeugenfelsen vorbei, bis wir schließlich bei der Wutachbrücke auf den bereits bekannten Wanderweg treffen. Knapp fünf Stunden inklusive der Pausen endet die im Frühling schöne, abwechslungsreiche Wanderung beim Gasthaus Wutachschlucht.
Die Anfahrt zur Wanderung durch die Wutachflühen erfolgt über die B 314 Lauchringen - Singen. Zwischen Stühlingen und Fützen bei Grimmelshofen in die K 6597 (Wutachstraße) abbiegen. Die Parkmöglichkeiten befinden sich nach knapp einem Kilometer beim Gasthof Wutachschlucht.
Ausgangspunkt | Wanderparkplatz beim Gasthof Wutachschlucht bzw. Bahnhof Lausheim-Lausegg |
Koordinaten | N 47.79320, E 8.49200 |
Gehzeit | 4.30 Stunden |
Distanz | 14 km |
Anstiege | ca. 400 HM |
Anforderungen | T2 (Variante über Unteren Flühenweg T1), Vorsicht bei Nässe und Glätte in den Flühen |
Einkehr | Gasthaus Wutachschlucht am Ausgangspunkt, in Achdorf und Blumegg |
GPS-Daten | Wanderung Wutachflühen gpx |
kml-Daten | Wanderung Wutachflühen kml |